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©2014 KK-7

Es waren zwei Königskinder.

Es waren zwei königskinder
die konnten zusammen nicht kommen
hatten die message vernommen,
genau zu prüfen
mit wem sie schliefen
hatten ein messer im kopf
sich zu zertrennen
sich zu erkennen
in zweifelhaft

bewachten einander mit lidlosen blicken
um anlass zu finden
sich zu entbinden.
\das wäre geschafft\, sprach die schlange
und schlich zurück in den schatten.

zweifel (twifal, tuwifal)
teufel
zerriss das band der identität
und trieb das meer der erkenntnis
zwischen die beiden
ohne jeden wegweiser,
sie sicher zu leiten

und das wasser war viel zu tief
doch die sehnsucht rief
unüberhörbar,
unaufhörlich.
die königskinder machten sich
auf den weg,
die beschwerliche reise
suchten die wendung der not
auf verschiedene weise

sie wollten verschmelzen
mit den wassermassen
ihr leben lassen,
um sich zu vereinen
sie suchten nach wegen über die fluten
lernten schwimmen, fliegen
navigieren —
begannen indessen, ihr ziel zu verlieren.

sobald sie den horizont erreichten,
schien die erfüllung vor ihnen zu weichen
(so wurde ihnen die reise zum zweck
und sehnsucht zum mittel,
sich fortzubewegen)
sie lernten denken, überlegen
fanden visionen
utopie —
einander
nie.

sie folgten verführern über das meer
(das kannten sie schließlich
von früher her)
suchten verzweifelt den schlüssel zum glück
sie träumten von heimat
und wollten zurück
zum ursprung, der doch schon trennung war.

im wasser spiegelte sich das paar
zum greifen und bewahren nah
doch jeder erkannte zunächst nur sich
als das erschrecken darob wich
zerstob ein gischtender strudel schon
die illusion.

die wogen trugen die beiden davon
den einen im sog auf das offene meer
den andern wie treibholz
hin...
und her

doch die see bemächtigte sich der beiden nicht ewig.
sie lernten die wellen zu reiten,
opfer zu bringen,
den trieb zu bezwingen.
sie erschlossen den raum
des weltenmeers ihres getrenntseins,
hatten einsicht,
übten verzicht —

es lohnte ja nicht,
ein königsleben
im kampf zu geben
für etwas, das nur noch erinnerung war
an einen ein traum,
inzwischen kaum
noch zu ahnen.

auf ihren bahnen
gelangten sie in den schatten der schlange.
sie vergaßen das meer
und ihr spiegelbild darin
wie die existenz des andern.
sie vergaßen ihre sehnsucht
und alles wandern
und fanden in der gefolgschaft sinn.

es zog sie nicht mehr zum andern hin
weil im schattenreich
kein glaube herrscht
nicht könig wohnt noch wilder dschinn
(vielleicht begegneten sie einander sogar,
ohne einander wahrzunehmen.
oder sie betrachteten einander
ohne anteilnahme,
frei von seele,
frei von furcht).

jedoch —
es lag im wesen der schlange,
die blutentleerten opfer auszuspeien.
so kamen die beiden ein weiteres mal ans meer.
von weit her
kehrte eine erinnerung zurück
ins wasser fiel der blick
der beiden königskinder
da sahen sie einander
beieinander
stehn

auf derselben seite
der see
und vor ihren augen
unendliche weite

sie sahen zum horizont
über das wasser
das alles bedeckte und alles verband
fassten sich bei der hand
betraten entschlossen, mutentbrannt
und als gewöhnliche sterbliche
gemeinsam
den spiegel der see,
den schlund der schlange.

 

©2000 A.Kaehler